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Der Jubiläumskalender: 100 Jahre BSVW e.V. - Juli

Zwei Hände ertasten eine WahlschabloneDer Wahlschein mit fünf Ecken
BSVW - Selbsthilfe sichert demokratische Grundrechte

Wenn in Kürze die Wahlankündigungen zur Bundestagswahl verschickt werden, bedeutet das für zahlreiche Menschen in Nordrhein-Westfalen mehr Teilhabe und Nutzung ihres demokratischen Grundrechtes auf freie und geheime Wahlen. Die Wahlen zum kommenden Bundestag nämlich versprechen mit einem Pilotprojekt ein Stück mehr Autonomie beim Wählen.
Eine eigens entwickelte Wahlschablone mit fünf Ecken ist die Voraussetzung dafür, dass blinde und sehbehinderte Wählerinnen und Wähler autonom und ohne jegliche Assistenz ihre Wahl treffen können. Die abgeschnittene Ecke oben rechts stellt sicher, dass der Stimmzettel richtig in die Schablone eingelegt wird. Über die in Großdruck und Punktschrift angebrachte Nummerierung der Löcher können blinde und sehbehinderte Wählerinnen und Wähler anschließend ihr Kreuz machen. Welches Loch für welche Wahl steht, erfahren sie über eine Telefonansage. Unter der Rufnummer 0800 000 9671 0 wird der vollständige Stimmzettel vorgelesen. Über das Handy geht das sogar direkt in der Wahlkabine. Erstmalig werden in diesem Pilotprojekt die Inhalte der Stimmzettel außerdem auch im Internet zur Verfügung gestellt. Organisiert werden Herstellung und Verteilung der kostenlosen Wahlhilfepakete mit je einer Wahlschablone und einer akustischen Gebrauchsanweisung auf CD, als auch der telefonische Ansagedienst von der Arbeitsgemeinschaft der Blinden- und Sehbehindertenvereine in Nordrhein-Westfalen (BSVNRW). Für eine spätere Befragung der Wahlberechtigten organisiert der BSVW darüber hinaus Fokusgruppen aus den Reihen seiner Mitglieder. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts soll zeigen, welche Lösung beim Wählen bevorzugt genutzt wird und somit Zukunft hat.
Den inklusiven Gedanken des Pilotprojektes zur Bundestagswahl 2021 betont die BSVW-Vorsitzende Swetlana Böhm: „Was für blinde und sehbehinderte Mitglieder gut ist, bedeutet auch für andere Menschen eine Lesehilfe bei der Wahl zum Bundestag. Auch Menschen, die nicht lesestark sind, profitieren von der Sprachausgabe der Stimmzettel-Inhalte." Einmal mehr gilt: Inklusive Lösungen betreffen viele und sind von Vorteil für alle.

>> Weitere Informationen erhalten Interessierte bei ihrem zuständigen Wahlamt oder beim Blinden- und Sehbehindertenverein Westfalen e.V.: https://bsvw.org/wahlen/

AUDIO
„Ohne Selbsthilfe hätte es keine barrierefreien Wahlen für blinde und sehbehinderte Menschen gegeben. Die Menschen, die selbst betroffen sind, kümmern sich um die geeigneten Lösungen."
BSVW-Geschäftsführerin Karen Lehmann im Interview zum Fortschritt in Richtung barrierefreier autonomer Wahlen und dem Beitrag der Selbsthilfe im Blinden und Sehbehindertenverein Westfalen (BSVW). Hier zum Nachhören.

NACHRICHTEN UND NOTIZEN

• Juli 1963: Ein Ort für Erholung, Austausch und Vereinsleben entsteht.
Auf dem Foto aus dem Jahr 1963 sieht man auf einem Feld stehend Männer und Frauen vor einem eingeschossigen Häuschen. Das Dach ist mit Steinen belegt, wohl gegen den Wind auf der Hochebene unterhalb des Ebbegebirges. Hier in Valbert liegt die Zukunft der Selbsthilfe-Bewegung: Ein neues Erholungsheim für blinde Menschen soll entstehen. Kurz vor dem ersten Spatenstich sprechen Stolz und große Erwartungen aus jedem Satz des Artikels in den „Nachrichten für die Blinden in Westfalen". Der Vorsitzende des WBV Fritz Gerling spricht von einer „sozialen Großtat für die Blinden". Später werden die Erholungsheime von Vereinsmitgliedern als „Kristallisationsorte für die Vereinsarbeit" bezeichnet. Im Kapitel 2 der Festschrift erfahren Sie, wie es nach dem ersten Spatenstich weiterging: Link zur pdf

• Der 30. Juli ist der „Zuspätkommtag" - so der inoffizielle Kalender kurioser Gedenktage. Wirklich kurios? Wussten Sie, dass blinde Menschen selten bis nie zu spät kommen? Wer Menschen aus der Selbsthilfebewegung blinder und sehbehinderter Menschen trifft, erlebt diese angenehme Eigenschaft bald. Die meisten nämlich bauen vorsichtshalber einen guten Zeitpuffer für Unvorhergesehenes ein: Der Zug könnte kurzfristig auf einem anderen Bahngleis einfahren; hektisches Verkehrsaufkommen in Stoßzeiten das Durchkommen erschweren oder einmal falsch Abbiegen einen Riesenumweg mit sich bringen. In einer barrierereichen Umwelt macht man sich deshalb lieber frühzeitig auf den Weg.

 

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