Fahrerschulung bei den Vestischen Straßenbahnen 2015
In der Zeit vom 13. April bis 7. Mai nahmen Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenvereins Recklinghausen an einer Fahrerschulung der Vestischen Straßenbahnen zusammen mit zwei weiteren Behindertenvertretern (Rollstuhlfahrer und Parkinson-Erkrankte) teil. Bei zehn Veranstaltungen mit jeweils 40 Fahrern und Fahrerinnen kam es zum Austausch zwischen den jeweiligen Betroffenen mit ihren behinderungsspezifischen Problemen bei der Busnutzung und den Fahrer/Innen. Ziel war es, beide Gruppen Fahrer/Innen und Behindertenvertreter, für die Probleme und Unsicherheiten der jeweils anderen Gruppe vermehrt zu sensibilisieren.
Unser Mitglied Andrea Thierse nahm an der Schulung teil und verfasste diesen kleinen Bericht:
Vorab kann ich sagen, dass es viel Spaß gemacht hat. Ich möchte mich bei allen Schulungsteilnehmern bedanken. Sie haben bei den Gesprächen aktiv mitgemacht, hatten Verständnis und haben mit mir Lösungen für unterschiedliche Problemsituationen erarbeitet. Hier möchte ich ein paar Beispiele aufzeigen.
Punkt 1: Das Erfragen der Buslinie
Blinde Menschen sind für die Fahrer-Innen durch Stock, Button, und Hund gut erkennbar. Leider ist das bei sehbehinderten Personen ohne Kennzeichnung nicht möglich. Da mittlerweile sogar Schüler und andere Personen fragen, kann der Busfahrer nicht erkennen, wer von diesen Menschen wirklich Hilfe benötigt. Der Busfahrer ist dann gestresst und genervt. So kann es passieren, dass ihm dann auch mal eine nicht korrekte Antwort rausrutscht. Um es den Fahrern leichter zu machen, hilfsbedürftige Menschen zu erkennen, wäre es von Vorteil, wenn sich sehbehinderte Menschen überwinden könnten, einen Button zu tragen. Da die Angst sich zu orten sehr hoch ist, gäbe es auch noch andere Möglichkeiten. Zum einen könnte man den Button in der Hand halten und mit dem Fahrausweis vorzeigen. Zum anderen könnte man einen Zettel mit den 3 schwarzen Punkten zum Fahrausweis legen. Somit macht er sich dem Fahrer erkennbar, und bekommt die Hilfe, die der Sehbehinderte benötigt
Punkt 2: mehrere Busse hintereinander an einer Bushaltestelle
Befinden sich an einer Haltestelle mehrere Busse hintereinander, ist es für seheingeschränkte Personen nicht zu erkennen, welcher Bus der ihre ist. Wenn alle Fahrgäste eingestiegen sind, fährt der erste Bus weg und die dahinter stehenden anderen Busse gleich hinterher ohne dass es uns möglich ist, nach der Linie zu fragen. Als Lösung wurde folgendes erarbeitet. Wir könnten andere Fahrgäste an der Haltestelle ansprechen und um Hilfe bitten. Wenn diese Möglichkeit nicht gegeben ist, den ersten Fahrer bitten kurz stehen zu bleiben, bis man seinen dahinter stehenden Bus erreicht hat.( Wenn der erste Bus nicht abfährt, können die anderen auch nicht fahren). Eine weitere Möglichkeit wäre, dass der Fahrer seinem Kollegen über Funk einen weiteren Fahrgast anmeldet. Nur sollte man bedenken, dass wir den zweiten Bus möglicherweise erreicht haben, bis dass sich die Fahrer über Funk verständigt haben. Deshalb ist die leichteste Variante, dass der erste Fahrer kurz stehen bleibt, bis wir den hinteren Bus erreicht haben.
Punkt 3: Einstieg und Ausstieg
Es ist nicht immer möglich, dass der Bus direkt am Bordstein hält. Der Fahrer wird vermehrt darauf achten und uns informieren, dass wir entweder einen großen Schritt oder noch einen Zwischenschritt machen sollen beim Aus- oder Einstieg. Ansonsten gilt: Durch das Erkennbar machen der Behinderung vorne hinsetzen, vorne aussteigen, solange sitzen bleiben bist der Bus steht. Beim Einstieg dem Busfahrer die Zielhaltestelle mitteilen.
Punkt 4: Umleitung innerhalb der Fahrstrecke
Es ist ganz hilfreich, wenn wir beim Einstieg unsere Zielhaltestelle dem Fahrer mitteilen. Er informiert uns über die Umleitung oder ob unser Ziel direkt angefahren werden kann. Wir sollten kurz mit dem Fahrer besprechen, welche Alternativ-Haltestelle für uns sinnvoll ist, damit wir unsere Orientierung behalten und unser Endziel erreichen können. Eventuell müssen wir direkt vor der Umleitung aussteigen oder erst z.B. zwei Haltestellen danach.
Punkt 5: Haltepunkt
Sind im Haltestellenbereich Blindenleitlinien und Einstiegsfelder vorhanden, so sollten wir diese auch benutzen. Gegebenenfalls müssen wir anderen Personen mitteilen, dass diese Felder für uns Orientierungsfelder sind. Die meisten Menschen wissen nicht was diese Felder und Linien bedeuten. Fehlen diese Orientierungsmerkmale, dann sollten wir direkt am Halteschild oder im rechten vorderen Bereich des Wartehäuschens stehen, damit der Buseinstieg gut zu finden ist. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass es bedingt durch äußere Umstände (z.B. durch parkende Autos)nicht immer möglich ist, exakt an diesen Punkten den Bus anzuhalten.
In allen Punkten, die durchgesprochen wurden, waren wir uns einig: eine gute Kommunikation ist das A und O.
Bericht: Andrea Thierse, BSV Recklinghausen
Foto: Thorsten Fechtner, Medienhaus Bauer